Praxis - Start und Landung
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Start und Landung gehören zu den kritischsten Phasen eines jeden Fluges – besonders in der privaten Fliegerei. In kurzer Zeit müssen zahlreiche Entscheidungen getroffen und präzise Handgriffe durchgeführt werden. Gleichzeitig wirken äußere Faktoren wie Wind, Pistenlänge, Hindernisse, Sichtverhältnisse oder das Flugzeuggewicht stark auf das Geschehen ein. Umso wichtiger ist es, beide Phasen gut vorbereitet, strukturiert und mit einem klaren Plan anzugehen.
Ob regulärer Abflug, Kurzstart auf engem Terrain oder eine unerwartete Sicherheitslandung: Jede Variante erfordert technisches Können, situatives Bewusstsein und konsequente Anwendung der Verfahren. Gleiches gilt für die Landung – ob mit oder ohne Klappen, auf kurzen Bahnen oder bei anspruchsvollen Platzverhältnissen. Routine, Konzentration und ein bewusstes Risikomanagement sind entscheidend für die sichere Durchführung.
Nur wer sich bereits am Boden mit den möglichen Start- und Landearten auseinandersetzt, gewinnt Sicherheit, Handlungsspielraum und Ruhe – und trägt damit aktiv zu einem verantwortungsvollen Airmanship bei.
Normaler Start
Der normale Start ist die am häufigsten durchgeführte Startart im Motorflug und bildet die Grundlage für alle weiteren Startverfahren. Er wird bei ausreichend langer Piste, gutem Wetter und normalen Windverhältnissen durchgeführt.
Nach dem Rollen auf die Startbahn erfolgt ein letzter Check (Take-Off Briefing, Freigabe, Instrumente, Richtung, Wind). Der Start beginnt mit sanftem, aber zügigem Schubaufbau bis zur vollen Leistung. Dabei ist auf symmetrischen Schub und die Einhaltung der Mittellinie zu achten. Während des Beschleunigens wird mit dem Seitenruder korrigiert, um das Flugzeug auf Kurs zu halten.
Bei Erreichen der Rotationsgeschwindigkeit (Vr) wird die Nase sanft angehoben. Die Steigrate erfolgt mit dem im Flughandbuch empfohlenen Anfangssteigwinkel (Vx oder Vy je nach Situation). Sobald Hindernisse sicher überflogen sind, kann in den Steigflug übergegangen werden.
Kurzstart
Ein Kurzstart ist immer dann erforderlich, wenn die Startstrecke begrenzt oder das Gelände nach der Piste ansteigend ist. Ziel ist es, das Flugzeug auf möglichst kurzer Strecke sicher abheben und schnell Höhe gewinnen zu lassen.
Vor dem Start werden Klappen entsprechend der Empfehlung im Flughandbuch gesetzt (meist 10–25°). Die Bremse wird gehalten, während der volle Schub aufgebaut wird. Erst danach werden die Bremsen gelöst. Dadurch wird maximale Beschleunigung erzielt.
Die Rotation erfolgt bei der empfohlenen Geschwindigkeit (Vr), der initiale Steigflug mit dem besten Steigwinkel (Vx), um Hindernisse rasch zu überfliegen. Sobald diese überwunden sind, wird in den besten Steigflug (Vy) übergegangen, und die Klappen schrittweise eingefahren.
Startabbruch
Ein Startabbruch zählt zu den kritischsten und anspruchsvollsten Entscheidungen während des Fluges. Er muss nicht nur technisch beherrscht, sondern vor allem mental vorbereitet sein. Denn wenn ein Problem auftritt, bleibt oft nur ein sehr kurzes Zeitfenster zum Handeln. Eine verzögerte Reaktion kann schwerwiegende Folgen haben. Deshalb sollte der Startabbruch regelmäßig theoretisch durchdacht und möglichst auch praktisch geübt werden.
Typische Gründe für einen Startabbruch sind Motorprobleme, Warnmeldungen, ungewöhnliche Geräusche, unzureichende Beschleunigung, blockierte oder nicht einziehbare Klappen, Tiere oder Fahrzeuge auf der Bahn sowie andere äußere Störungen. Besonders bei unklaren oder unerwarteten Situationen ist eine sofortige Reaktion gefragt.
Startabbruch auf der Piste – vor dem AbhebenSolange das Flugzeug sich noch auf der Startbahn befindet und die Rotationsgeschwindigkeit (Vr) noch nicht erreicht ist, kann ein Start in der Regel sicher abgebrochen werden. In diesem Fall ist entschlossenes und strukturiertes Handeln gefragt:
Der erste Schritt ist das Zurückziehen des Gashebels auf Leerlauf, gefolgt vom sofortigen Betätigen der Bremsen. Je nach Flugzeugmuster können zusätzlich Bremsklappen oder Landeklappen gesetzt werden, um die Verzögerung zu erhöhen. Das Ziel ist, das Flugzeug innerhalb der verbleibenden Bahnlänge sicher zum Stillstand zu bringen.
Nach dem Anhalten sollten ggf. Notverfahren eingeleitet werden, etwa das Abschalten des Motors oder das Ziehen von Sicherungen, um Brandgefahr zu minimieren. Auch das sofortige Informieren des Flugplatzpersonals per Funk kann angebracht sein. Wichtig ist: Ein Abbruch auf der Piste ist keine Niederlage, sondern ein Ausdruck verantwortungsvoller Entscheidungsfähigkeit.
Startabbruch in der Luft – nach dem AbhebenIst das Flugzeug bereits abgehoben, ist ein „Startabbruch“ im klassischen Sinn nicht mehr möglich – dennoch kann es unmittelbar nach dem Abheben zu Notfällen kommen, die schnelles, richtiges Handeln erfordern. Typische Szenarien sind Motorprobleme oder Leistungsabfall in geringer Höhe.
In solchen Fällen ist es entscheidend, nicht zu versuchen, zur Bahn zurückzukehren, wenn keine ausreichende Höhe dafür vorhanden ist. Der sogenannte „Turn Back“ ist ein häufiger Fehler und endet oft in einem Strömungsabriss. Die bessere Entscheidung ist fast immer eine Landung geradeaus oder leicht abweichend – auf Feldern, Wegen oder freien Flächen, soweit möglich. Hierbei zählt jede Sekunde, und der Pilot muss sich bereits am Boden mental auf diese Situation vorbereitet haben.
Auch bei einem Notfall kurz nach dem Abheben gilt: Kontrolle über das Flugzeug behalten, Nase leicht nach unten, Geschwindigkeit halten, Hindernisse möglichst meiden und möglichst flach landen. Der Pilot sollte schon beim Briefing klar definieren, ab welcher Höhe ein Umkehrmanöver überhaupt erwogen wird – und unterhalb dieser Höhe keine Diskussion führen: Es wird geradeaus gelandet.
Landen mit Klappen
Die Landung mit Klappen ist der Standardfall und bietet zahlreiche Vorteile: geringere Anfluggeschwindigkeit, steilerer Gleitwinkel und kürzere Landestrecke. Sie sollte immer dann angewendet werden, wenn keine technischen Einschränkungen oder besondere Bedingungen vorliegen.
Der Anflug beginnt stabilisiert mit korrekt gesetzten Klappenstufen (z. B. erste Stufe im Queranflug, letzte Stufe im Endanflug). Die Sinkrate wird durch Pitch und Schub kontrolliert. Wichtig ist ein stabiler Endanflug – Geschwindigkeit, Richtung und Sinkrate sollten konstant sein.
Der Aufsetzpunkt wird sauber angesteuert, die Geschwindigkeit reduziert und das Flugzeug mit gezieltem Abfangen sanft aufgesetzt. Nach dem Bodenkontakt wird sanft gebremst, ggf. Klappen eingefahren und mit Seitenruder korrigiert.
Landen ohne Klappen
Eine Landung ohne Klappen kann durch technische Störungen oder Fehlbedienung notwendig werden. Der Gleitwinkel ist dabei flacher, die Geschwindigkeit höher und die Landestrecke länger – was mehr Platz auf der Piste erfordert.
Der Anflug muss deutlich flacher und mit erhöhter Geschwindigkeit erfolgen (je nach Flugzeugtyp etwa +5–10 Knoten über Normalwert). Die Sinkrate wird durch Pitch und Schub reguliert, jedoch ohne die Unterstützung der Klappen. Entsprechend früh sollte mit dem Sinkflug begonnen werden.
Der Aufsetzpunkt verlängert sich, daher ist es wichtig, eine ausreichend lange Landebahn zu wählen. Nach dem Aufsetzen muss stärker gebremst werden, um sicher zum Stillstand zu kommen.
Kurze Landung
Kurze Landungen sind immer dann notwendig, wenn nur wenig Pistenlänge zur Verfügung steht – beispielsweise auf Graspisten, Altiports oder kleineren Verkehrslandeplätzen. Ziel ist es, präzise, mit möglichst kurzer Ausrollstrecke zu landen.
Der Anflug erfolgt mit voller Landekonfiguration und idealerweise leicht steiler, um den Aufsetzpunkt exakt zu treffen. Die Geschwindigkeit ist so niedrig wie sicher möglich (oft kurz über Vso + 5 Knoten). Der Aufsetzpunkt wird gezielt angeflogen, die Landung erfolgt fest, aber kontrolliert – ohne lange Ausschweben.
Direkt nach dem Aufsetzen wird mit maximal möglicher Bremswirkung verzögert: volle Bremsen, Klappen einfahren (wenn das Muster dies erlaubt) und ggf. Störklappen setzen. Eine kurze Landung verlangt hohe Präzision, sollte also regelmäßig geübt werden.
Sicherheitslandung
Eine Sicherheitslandung ist eine vorsorgliche Landung, die außerhalb des ursprünglich geplanten Zielflughafens durchgeführt wird – beispielsweise bei unerwarteter Wetterverschlechterung, nachlassender Sicht, technischer Unsicherheit oder auch bei Unwohlsein oder Überforderung des Piloten. Sie dient dazu, eine kritische Situation zu vermeiden, bevor sie zum Notfall wird.
Im Zentrum der Entscheidung steht nicht die schnellstmögliche Landung, sondern die bewusst gewählte, sichere Alternative. Der Pilot analysiert frühzeitig die Situation und entscheidet sich aktiv dafür, den Flug an einem anderen Ort zu beenden. Dabei wird ein geeigneter Flugplatz, Sonderlandeplatz oder – je nach Lage – auch ein geeignetes Feld ausgewählt. Der Pilot kündigt seine Absicht über Funk an und bereitet den Anflug in Ruhe vor.
Ein wesentlicher Bestandteil der Sicherheitslandung ist das strukturierte Vorgehen: Zunächst wird der gewählte Landepunkt überflogen, um sich einen Überblick über Platzverhältnisse, Hindernisse, Windrichtung und Bodenbeschaffenheit zu verschaffen. Auf Basis dieser Beobachtungen wird anschließend eine gedachte Platzrunde geflogen, um einen stabilen und sauberen Endanflug zu ermöglichen. Diese bewusste Vorgehensweise reduziert das Risiko und erhöht die Kontrolle während der Landung.
Die Sicherheitslandung ist kein Zeichen von Schwäche oder mangelnder Erfahrung – im Gegenteil: Sie zeigt, dass der Pilot seine Grenzen kennt, umsichtig handelt und die Sicherheit über den Wunsch stellt, ein Ziel „unbedingt“ zu erreichen. Genau das ist verantwortungsvolles und professionelles Airmanship.
Notfalllandung
Die Notfalllandung ist ein ungeplanter, zwingender Vorgang – meist infolge von Triebwerksausfall, Feuer oder strukturellem Problem. Der Pilot muss in kürzester Zeit Entscheidungen treffen und handeln, um Leben zu retten.
Die Grundregel lautet: „Fly the airplane!“ – also Fluglage sichern und Geschwindigkeit halten. Danach folgen: geeigneten Landeplatz suchen (z. B. Felder, Straßen, Wiesen), Notfallcheckliste abarbeiten, Passagiere briefen und ggf. Notruf absetzen.
Der Anflug sollte möglichst stabil erfolgen, oft ohne Motorhilfe. Der Aufsetzpunkt muss exakt getroffen werden – lieber zu kurz als zu lang. Nach der Landung ggf. sofort evakuieren. Eine gut vorbereitete Notfalllandung kann bei richtigem Verhalten überlebbar sein – regelmäßige mentale und praktische Vorbereitung sind entscheidend.
Forward Slip - Seitengleitflug/Vorwärtsschlupf
Der Forward Slip ist ein Verfahren zur starken Erhöhung der Sinkrate, ohne die Fluggeschwindigkeit wesentlich zu steigern. Er wird insbesondere dann genutzt, wenn ein zu hoher Anflug korrigiert werden muss und keine Klappen verfügbar sind.
Dabei wird das Flugzeug in Quer- und Seitenruder gegensinnig gesteuert – z. B. Querruder links, Seitenruder rechts. Das Flugzeug fliegt dadurch mit der Längsachse schräg zur Flugrichtung. Der erhöhte Luftwiderstand führt zu einer stärkeren Sinkrate, die Höhe wird schnell abgebaut.
Wichtig: Der Slip darf nur bei ausreichender Höhe durchgeführt und vor dem Aufsetzen sauber beendet werden. Er sollte regelmäßig geübt werden, um bei Bedarf sicher abrufbar zu sein.
Sideslip - Seitengleitflug/Seitenschlupf
Der Sideslip wird meist zur Korrektur der Flugrichtung bei Seitenwindlandungen verwendet. Dabei wird das Flugzeug so gesteuert, dass die Längsachse mit der Pistenrichtung übereinstimmt, aber eine Schräglage zum Boden besteht.
Der Einsatz von Quer- und Seitenruder kompensiert den Windversatz („drift“). Ziel ist es, das Flugzeug exakt auf der Bahn aufzusetzen, ohne seitlich weggetragen zu werden. Der Sideslip wird kurz vor dem Aufsetzen eingeleitet und erfordert gutes Gefühl für die Koordination der Ruder.
Er eignet sich nicht zur starken Höhenkorrektur, sondern zur präzisen Ausrichtung beim Landen – besonders bei Crosswind. Das sichere Beherrschen des Sideslips ist Voraussetzung für kontrollierte Seitenwindlandungen.